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«Seit wir die Applikation haben, mussten wir keine Verfügungen mehr aussprechen»

Eine Fachapplikation sorgt im Kanton Luzern für eine reibungslose Verwaltung und Abrechnung von Leistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen. Wie Lorenz Buchser, der Leiter Finanzen und Services in der Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern die Software innert sieben Monaten gegen politische Widerstände einführte – und warum heute niemand mehr zurück möchte. 

Am 1. Juni 2018 trat Lorenz Buchser die Leitung der Abteilung Finanzen und Services im Kanton Luzern an und verhandelte Kosten und Verträge einer Fachapplikation, von der er noch nicht viel Ahnung hatte: «Ich führte an meinem ersten Arbeitstag Vertragsverhandlungen mit Andi Ressnig von GLAUX zur neuen Software. Ich war der Projektleiter für das Einführungsprojekt und der Projektstart wartete auf meinen Arbeitsbeginn. Das war ein steiler Einstieg», sagte Lorenz Buchser und schmunzelt. Die Zeit drängte, denn auf den 1.1.2020 trat eine Gesetzesrevision in Kraft und damit wurde ein neues Abgeltungsmodell eingeführt. «Wir mussten am 1.1.2019 live gehen, damit wir ein Testjahr hatten», so Lorenz Buchser weiter. 

Als Lorenz Buchser startete, erhielten soziale Einrichtungen für alle betreuten Personen die gleiche Abgeltung: «Es gab eine Tagespauschale für Menschen mit Beeinträchtigung oder Pflegebedarf. Das schaffte einen Anreiz, Klient:innen aufzunehmen, die einen möglichst tiefen Betreuungsbedarf haben, also weniger zu tun gaben», erklärte Lorenz Buchser. Und weiter: «Das führte dazu, dass wir ab und zu Aufnahmen verfügen, also Institutionen anweisen mussten, Menschen aufnehmen. Wir hatten sehr lange Wartelisten und chronische Schwierigkeiten, einen Platz für Menschen mit komplexen mehrfachen Behinderungen zu finden», fasste Lorenz Buchser die Ausgangslage zusammen.

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3800 Menschen in sozialen Einrichtungen

Im Kanton Luzern werden etwa 3800 Menschen in sozialen Einrichtungen betreut. «Und nur schon diese Zahl zu kennen ist eine Herausforderung, wenn alles auf Papier geführt wird», erklärte Lorenz Buchser. In erster Linie wird die Applikation für Menschen mit Beeinträchtigungen eingesetzt. Inzwischen kann die Software auch für Kinder und Jugendliche in Heimen oder in Pflegefamilien genutzt werden.

Die Leistungserbringer sind Wohnheime, geschützte Arbeitsplätze, Tagesstrukturen für Menschen, die sich im Alltag nicht zurechtfinden oder unter einer Sucht leiden. «Wir hatten früher Prozesse, die Formulare in Mehrfachausführung erforderten, in der Arbeit zwischen Leistungserbringern, anderen Kantonen oder der Kesb (Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde). Das ist weitgehend Vergangenheit», fasst Lorenz Buchser zusammen.

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«evidence hilft uns, dass soziale Einrichtungen, also die Leistungserbringer, und der Kanton, also der Einkäufer und Finanzierer, auf den gleichen Daten arbeiten».

Lorenz Buchser

Leiter Finanzen und Services , Dienststelle Soziales und Gesellschaft, Kanton Luzern

Der Kanton und die Institutionen haben eine gemeinsame Datenbasis, die sie zusammen pflegen und bearbeiten. Dann gibt es Mechanismen, um sicherzustellen, dass Veränderungen, die die Institutionen an den Daten vornehmen, beim Kanton wahrgenommen werden. «Damit wir diese allenfalls kontrollieren können. Und wir haben eine Schnittstelle zu SAP, damit lösen wir Zahlungsflüsse direkt aus», so Lorenz Buchser.

Einerseits verwaltet der Kanton Luzern also die Inanspruchnahme einer Leistung und andererseits ihre Abrechnung; drittens gibt es – ähnlich wie in Pflegeheimen die BESA Stufe (Bewohner:innen-Einstufungs- und -Abrechnungssystem) – ein System zur Ermittlung des individuellen Betreuungsbedarfs (IBB). «Diese Einstufung vorzunehmen ist auch eine Funktion, die uns die Applikation bietet», erklärte Lorenz Buchser.

Die 6 wichtigsten Funktionen der Software:

Verwalten der Daten von sozialen Einrichtungen und der betreuten Personen, die Leistungen in Anspruch nehmen.
Bestimmen des Betreuungsbedarfs von Menschen mit Behinderungen.
Gewährung einer Kostenübernahmegarantie durch den Kanton.
Festlegen der Höhe der Betreuungskosten, welche eine Einrichtung dem Kanton verrechnen darf. 
Reporting und Controlling von Leistungsmengen und Finanzflüssen.
Verwalten der Abrechnungen von Betreuungseinrichtungen an den Kanton und Auszahlung der Leistungen.

«Das Go live mussten wir etappieren, doch der erste Teil war wie geplant am 1.1.2019 produktiv. Wir absolvierten neun Sprints in sieben Monaten», erklärte Lorenz Buchser. Wirklich abgeschlossen war das Einführungsprojekt Ende 1. Quartal 2020.

Zur sportlichen Einführung gehörte auch, die 200 externen User:innen zu schulen. Es war eine sehr intensive Zeit verbunden mit vielen Überstunden: «Die Zusammenarbeit mit dem ganzen Team von GLAUX war produktiv und machte Spass. Andi Ressnig agierte als Projektleiter ruhig und überlegt und wir konnten vertrauensvoll zusammenarbeiten», führte Lorenz Buchser aus.

«Ich arbeite gerne mit den Leuten von GLAUX zusammen. Sie sind ehrgeizig in der Aufgabe, haben aber auch die nötige Distanz, um nicht verbissen zu werden.»

Lorenz Buchser

Mehr Transparenz rief die Politik auf den Plan

Neben dem Zeitdruck in der Entwicklung der Fachapplikation brauchte es intensives Stakeholdermanagement auf der Ebene der Entscheidungsträger:innen: «Weil mit der Einführung der Software die Transparenz und damit die Steuerung vergrössert wurde, gab es Widerstände gegen die Einführung. Diesen begegneten wir mit verschiedenen Informationsveranstaltungen. Hier war Andi Ressnig Gold wert, er hielt jeweils sehr sachliche Präsentationen und konnte damit viel Unwillen abfangen. Und wir konnten auf die Vorteile der Applikation hinweisen. Am Schluss waren nicht alle überzeugt, aber es gab nur noch passiven Widerstand», so Lorenz Buchser. Und weiter: «Inzwischen sind alle an Bord und niemand will mehr zurück in die Zeit vor evidence. Wir erhalten regelmässig E-Mails mit Wünschen zu Weiterentwicklungen. Unser Backlog enthält 100 Ideen für Verbesserungen und wir schnüren ab und zu ein Päckchen daraus.»

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Keine Verfügungen mehr nötig

Seit der Einführung der neuen Software ist es für Institutionen viel attraktiver, auch Menschen aufzunehmen, die einen höheren Betreuungsbedarf haben: «Das funktioniert gut. Diese Situation hat sich komplett entspannt, wir mussten in letzter Zeit keine einzige Verfügung aussprechen und fanden immer Lösungen», fasste Lorenz Buchser zusammen.

Als nächstes geht Luzern die technologische Modernisierung der Applikation an. «Entweder, wir investieren nochmal in evidence oder lassen das System zu Ende laufen und schreiben neu aus», so Lorenz Buchser.

Das zweite grosse Handlungsfeld sind die nationalen Verflechtungen, also der Austausch über die Kantonsgrenze hinweg. «Wir sind jetzt mit evidence 100 Prozent papierlos unterwegs, wenn Luzerner:innen in Luzerner Institutionen einen Platz finden. Aber es ist kompliziert, wenn wir ausserkantonale Leistungen finanzieren wollen oder wenn Menschen aus anderen Kantonen bei uns ein Zuhause finden. Der Jackpot wäre, hier ein einheitliches Datenaustauschformat mit einer Kerngruppe an Kantonen einzuführen», erklärte Lorenz Buchser. 

Auf die Frage, was er heute anders machen würde, meinte Lorenz Buchser: «Ich würde noch viel radikaler Dinge weglassen. Zum Beispiel Arbeitsschritte, die nur einmal pro Jahr stattfinden, nicht mehr digitalisieren und damit das Volumen des Projekts verkleinern. Und auf agiles Vorgehen setzen». 

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